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Texte und Forschungen zusammengetragen von meiner lieben Freundin Brunhilde Griesner/Lungau. Ich danke Dir liebe Bruni für Dein unermüdliches Forschen auf den Spuren der Göttin. Welch ein Geschenk war es, gemeinsam mit Dir die Göttin im Teufelsgraben zu entdecken... in einer Runde von Frauen. Mögest du weiterhin so tief eintauchen in die Geschichten und Sagen, Plätze und Mythen alter Zeiten. Die bis ins jetzt dauern, weil es Frauen wie Dich gibt. Durch sie leben die Kräfte weiter.

Danke... Deine Monika

Folgende Texte und Froschungen stammen aus der Feder von Bruni Griesner!

Von der unsichtbaren Welt der Frau Beri, der Trud, der Hexen und Feen, vom Teufel, der sich in Gräben, Schluchten, Wasserfällen und im Moos aufhält, erzählen die spannenden Sagen dieser Region. Sie sind ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes, mit dem wir immer noch verwurzelt sind. Diese Erzähltradition hilft uns aber auch, nach den Wurzeln der einst hier verehrten Landschaftsgöttin zu suchen.

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Die Anfänge menschlicher Kultur gehen im Bundesland Salzburg weit zurück bis in die Altsteinzeit. Hans Egger berichtet fast unglaubliches vom Gestein, in das der Teufel hier laut Sage hinein stampfte. Es soll aus der späten Paläozenzeit stammen und ungefähr 57 Millionen Jahre alt sein.[1]



Teufelssteine, Teufelsschluchten, Teufelskare waren früher Orte, die den Menschen als Heilig galten. Sie näherten sich ihnen achtsam und erfreuten sich an ihrer wunderbaren Ausstrahlung. Finden wir diese Plätze heute noch unversehrt und ganz ursprünglich, so wie hier in Seeham, berühren sie immer noch all unsere Sinne und unser Herz.



Doch weshalb soll sich ausgerechnet hier der Teufel herumgetrieben haben? Eine mögliche Antwort gibt uns ein Blick auf den Wasserfall selbst, etwas oberhalb im Gelände. Da erkennen wir deutlich weibliche Körperformen und eigentlich ein sehr intimes Bild des Unterleibes einer Stein- und Wassergöttin. Aus ihrem fruchtbaren Schoß fließt in üppiger Fülle das Wasser des Lebens. Bewundernd stehen wir vor einer Riesin der Urzeit.

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Der Steinkult unserer Vorfahren, die schon in der Jungsteinzeit um ca. 4000 vor Christus im Flachgau siedelten, beinhaltete Rituale, die vor allem von Frauen ausführt wurden.

Sie rutschten an schräg geneigten Steinen hinab, um direkt in den Schoß der großen Mutter, in das Kar, in den Kessel zu gelangen. Darin schwammen die Seelen der noch ungeborenen Kinder, die darauf warteten, von einer gebärfähigen Frau aufgenommen und erneut wiedergeboren zu werden. Dieses Tun der Frauen beinhaltete das Wissen um die magische Wirkung von Bräuchen, Tänzen, Gebeten und Anrufungen. Es diente der Hilfe bei Empfängnis und Geburt und galt dem Schutz der Familiensippen und Dorfgemeinschaften.

Wir haben in Seeham, im sogenannten Teufelsgraben einen Frauen Kult Ort mit einem sogenannten Kindlbad wiedergefunden, bei dem sich gar kein männlicher Teufel herumtrieb. Die Dämonisierung galt vielmehr der lokalen Muttergöttin, die hier schon von der neolithischen Urbevölkerung verehrt wurde. Deren religiöse, matriarchale Glaubensvorstellungen wurden von den nachfolgenden Siedlern, den Kelten, den Römern und den Germanen teilweise übernommen, dann aber immer mehr unterdrückt und verdrängt.



Karl Adrian berichtet noch im Jahr 1924 vom Glauben der Bevölkerung an eine Kinder schenkende Quell- und Wassergöttin in Salzburg: „Holda ist vor allem Brunnenfrau; dass die Kinder aus den Brunnen und Bächen, zum Beispiel aus der Salzach geholt werden, wird im Volke ziemlich allgemein den Kindern erzählt.[2] Aus Graz sind ähnliche Vorstellungen von der Kinderherkunft aus dem Wasser bekannt. Dort erzählte man, die Neugeborenen schwimmen in Körbchen die Mur herunter, werden von den Hebammen aufgefangen und ins Haus gebracht.

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Im Jahr 2017 entdeckten Frauen beim Baden im eiskalten Becken der Wassergöttin etwas Erstaunliches, das ich selbst miterleben durfte. Anlässlich eines Wochenendseminares bei Monika Rosenstatter, sahen wir ein Bild der großen Mutter, in einem Dreieck, in den Stein gemeißelt.

Wann wurde dieses ausdrucksstarke Kunstwerk geschaffen und weshalb? Berührten es unsere Ahninnen beim Baden, um den Segen der Wassermutter zu erhalten?

Das Dreieck ist ein sehr altes Symbol, es weist auf den Schoß der Göttin, auf das Tor, aus dem alles Leben kommt und in das es auch wieder zurück kehrt. Wir erkennen an der Darstellung in Seeham ein Außendreieck und ein weiteres Dreieck zwischen den kräftigen, betonten Schenkeln der weiblichen Figur.

Vergleiche mit neolithischen Figurinen und Kultbildern die weltweit in Stein und Fels gemalt, geritzt und gemeißelt wurden, könnten mehr Klarheit und weitere Forschungsergebnisse bringen.

Die Missionare der Klöster Mattsee und Michaelbeuern brachten um ca. 777 das Christentum, mit der Betonung der Verehrung des männlichen Vatergottes, in den nördlichen Flachgau. Die ländliche Bevölkerung hielt jedoch sehr zäh an ihrem Glauben an eine weibliche Muttergöttin fest. Ihre ehemaligen Kultorte in der Natur sollten nun nicht mehr aufgesucht werden, deshalb wurden sie verteufelt und unheimlich gemacht.

Der Fußabdruck des Teufels kommt in vielen Sagen vor. Von der symbolhaften Bedeutung des Fußes berichten auch zahlreiche Hochzeitsbräuche. Dabei spielt der passende Schuh für die Braut meist eine erotische Rolle. Der Schuh als Sinnbild des weiblichen Schoße, wurde der Braut im Pinzgau nach der Hochzeit gestohlen, um dann in einem spaßhaften Spiel neu angepasst zu werden. Die Anspielungen an das Brautpaar sind hier deutlich auf die geschlechtliche Vereinigung und auf den Kindersegen gerichtet.
Votivschuhe wurden im Bundesland Salzburg geopfert, um Kindersegen zu erhalten

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Einen Ersatz für den Verlust der verlorenen, unterdrückten Muttergöttin, fanden viele Frauen in der Verehrung der Heiligen Kümmernis, die ebenfalls mit dem Schuhsymbol in Zusammenhang steht. Sie wurde bei weiblichen Sorgen und Nöten, bei Empfängnis, Schwangerschaft, bei Geburt und Krankheiten angerufen:

Auf dem Weg von Seeham nach Obertrum steht die Seeleitenkapelle. In ihr war noch bis vor wenigen Jahren ein Bild der heiligen Kümmernis zu sehen, und sonderbarer Weise trug darauf die Heilige einen Bart! Die Legende erzählt darüber folgendes:

Die heilige Kümmernis war eine gar schöne Königstochter, in der Zeit, da alle Menschen noch Heiden waren. Sie hatte sich heimlich bereits dem Christentum zugewandt, mußte dies aber verschweigen, da es sie sonst das Leben gekostet hätte. Nun geschah es, daß der mächtige König des Nachbarreiches sie zur Frau begehrte; doch die fromme Königstochter wollte von einer Ehe mit dem verrufenen Herrscher nichts wissen, und so erklärte sie dem unliebsamen Werber, sie wäre bereits verlobt.

Doch als dieser trotzdem in sie drang, seine Frau zu werden, da bat die hl. Kümmernis, Gott möge sie verunstalten, um endlich Ruhe zu finden. Ihre Bitte ward erhört, und Gott ließ ihr über Nacht einen mächtigen Bart wachsen! Darüber wurde der König bitterbös; er ließ das fromme Mädchen vor das Gericht bringen und als Zauberin verklagen. Und weil die Richter ungerecht und böse wie ihr Herr waren, verurteilten sie die heilige Kümmernis dazu, eines schmählichen Todes zu sterben. An der Landstraße, wo alle Menschen vorübergingen, wurde ein hohes Kreuz errichtet, und die Unglückliche wurde an Armen und Beinen daran gebunden. Da hing sie nun in der glühenden Hitze, hilflos, in großen Qualen, und sehnte nur eines herbei: daß Gott ihr gnädig sei und sie bald erlöse. Da kam ein fahrender Spielmann des Weges. Er war ansonst ein lockerer Vogel und ein gar lustiger Geselle, der den Wein und das Spiel mehr liebte als das Trübsalblasen. Als er nun aber die Sterbende am Kreuz hängen sah, da warf er sich auf die Knie und sprach ein Gebet, wie es ihn seine Mutter gelehrt hatte. Dann griff er nach der Geige und spielte der Königstochter ein Kreuzlied. Die Königstochter warf dem armen Geiger zum Dank ihren goldenen Schuh zu, dann verschied sie. Der liebe Gott aber belohnte ihre Standfestigkeit und nahm sie in die Reihe der Heiligen auf.

Kym bedeutet auf keltisch beschenken, helfen. Die heilige Kümmernis ist eine Heilige die sich kümmert, die beschenkt und hilft. Darstellungen der Heiligen sind nur mehr selten zu finden, wie z. B. in Burghausen, im Pinzgau in Bramberg, in Kärnten in Gmünd.

Heilquelle bei der Heilig Kreuzkapelle

Gustav Gugitz berichtet, dass es um 1704 in Seeham noch einen Johannesbrunnen gab, dessen Wasser von weit und breit aufgesucht wurde. [5]

Pfarrkirche Seeham

Wer in Seeham die Kirche sucht, findet sie ganz nah am See neben dem Strandbad. Im Jahr 1458 weihte Bischof Siegmund von Passau den Hochaltar der Pfarrkirche in Seeham dem Heiligen Johannes dem Täufer und den Seitenaltar dem heiligen Vitus und der heiligen Barbara. Die beiden männlichen Heiligen kommen meist an Orten vor, wo kultische Sonnwendfeste mit ekstatischen Tänzen gefeiert wurden. Der Reigen ums Johannisfeuer um den 15. Juni, wurde zum verrufenen Veitstanz. Dem Heiligen Veit opferten die Menschen früher eiserne Kröten und schwarze Hühner, auf das Opferhuhn sollten alle Sünden übergehen.

Der grüne Drache in der Pfarrkirche von Seeham, zu Füßen der Madonna mit dem Kind, war einst das Begleittier der Muttergöttin. Sie ist selbst die uralte Drachin, die in den Bergen, Hügeln und in den Leben spendenden Gewässern lebt.

Die Bedeutung von Matriarchat

Wir haben heute in Europa eine vaterrechtliche Kultur, die das Patriarchat genannt wird. Im Gegensatz dazu gab es früher matriarchale Kulturen, die auf menschliche Siedler der Jungsteinzeit zurück gehen. Die Ehe Form war matrifokal, das heisst, die Frau verließ das Elternhaus nicht. Sie verfügte über den Besitz der Familie und vererbte ihn auch in weiblicher Linie weiter.

Denn die Menschen der Jungsteinzeit, welche die ersten dauerhaften Siedler und Siedlerinnen auf der Erde waren, wandten sich den Landschaften nicht nur unter dem Aspekt des Nutzens zu. Sie errichteten ihre Orte und Kultplätze nicht nur da, wo sie Wasser und fruchtbares Land oder Bodenschätze wie Feuerstein und Salz fanden, sondern sie betrachteten die Erde als ein göttliches Wesen , als eine Urgöttin, worauf unser heutiger Ausdruck „Mutter Erde“ noch hinweist. Grundsätzlich ist eine solche Betrachtungsweise, die Erde als Göttin zu sehen, nicht patriarchal. Denn patriarchale Gesellschaften erfinden sich Götter, die in der Regel mit materieller und geistiger Eroberung zu tun haben, aber nicht mit Vorgängen der Lebensschöpfung und –erhaltung wie Gebären, Ernähren und Schützen, die der Erde als Mutter von allem Lebendigen zugesprochen werden.

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