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Monika Rosenstatter

Seile, Schnüre, Knoten ... Ahnen, viel Geschichte, der Weg in die Wildnis und hoch oben am Berg ...

Es ist wieder soweit. Ich packe gerade mein Bündel für die Wildnispädagogikausbildung. Packe meine Schnüre und Seile ein. Meine Schlafmatte aus Schafwolle habe ich mit Großvaters selbst gedrehtem Seil zusammengeschnürt. Ich habe noch ein ganzes Bündel von ihm. halte es in Ehren. Sogar die Haken hat er selbst geschnitzt damals. Viele Fäden meiner Ahnen finden in mir wieder zusammen. Lass Dir erzählen ...




Großvaters selbstgedrehtes Seil. Meine Großmutter hat mir vor einigen Jahren diese Seile geschenkt. Ich halte sie in Ehren. Palstek - ein Knoten. Trockentraining Knotenkunde ist relativ easy - wirklich spannend werden die Knoten, wenn sie auch Dinge zusammenhalten sollen, um Bäume befestigt werden ... Da gehts nochmals eine Nummer tiefer... bis Knoten wirklich sitzen und auch anwendbar sind, vergeht viel Übungszeit:)






Handwerk, Handarbeit, Kunsthandwerk liebe ich schon immer. Nicht das normale Handwerk nach Mustern, Formen und Schriften, eher das Kunsthandwerk, das selbst erschaffene und erforschte Kunsthandwerk. Das Kunsthandwerk sich frei erschaffend und schöpfend. Das ist es, was ich so gerne mag. Das Tüfteln und Forschen, das Probieren und Entdecken. Es war einmal vor vielen Jahren, da kam so in meinen Gedanken das Weben von Stoffen, das Binden von Fäden und das Spinnen von Garnen vor. Ganz so recht wusste ich nicht, was diese Botschaft bedeuten sollte. Meine Arbeit basiert auf Kräuter- und Baumheilkunde, Wildnispädagogik und Gesang, auf Wort und Kunst. Eigentlich habe ich in meinem Leben immer schon alles verwoben. Aber es kam der Tag, an dem ich im Wald bei meinen lieben Wildnisfreunden saß und sie lernten mir das Faden zwirnen. Es war damals Eschenbast, aus dem ein Faden sich wirkte. Sofort hatte ich mich verliebt in dieses rhythmische Zwirnen. Das Tun und vor sich hin werkeln war wie ein unhörbares Lied. Das war wahrlich meins. So kehrte ich aus dem Wald heim und es ließ mich nicht mehr los. Immer wenn ich irgendwo herumsaß und irgendwo einen Grashalm fassen konnte, zwirbelte ich schon wieder einen Faden. Bis heute ist das so. Sogar wenn ich mit Klara unterwegs bin. Schwupps und schon wieder ein Haselstecken schenkt mir Bast und ein schützendes Band entsteht. Und so entstand einfach durch Tun ein Wissen über die Eigenschaften und Beschaffenheit von Materialien und ihrer Verarbeitungsbereitschaft für mich. Die Krönung ist natürlich das Brennnesselgarn. Dies gestaltet sich bis heute als sehr mühsam, und so weiß ich auch, dass ich bei diesem Projekt noch nicht am Ende meiner Weisheit bin. Inzwischen bin ich mit Ergebnissen schon recht zufrieden, aber ich weiß, dass es noch eine Forschungsreise gibt zu diesen Brennnesselfasern und ihrer Gewinnung. Noch bin ich nicht ganz am Ziel. Und ich weiß, dass sich einige erwarteten, dass ich so „easy cheesy“ nun Brennnesselfaser herstelle, und zwar so viel, dass man sie sogleich am Spinnrad verspinnen kann. Natürlich kann ich die mühsam hergestellte Faser im Rad verspinnen, aber dafür braucht es viel Faser und darum bleibe ich noch immer beim Handzwirnen, bei der Qualität und nicht der Quantität. Ich bin zufrieden mit den magischen Garnen und Schnüren für Kleinigkeiten. Mit den Garnen binde ich Pflanzen in meinem Garten hoch, mache magische Armbänder, kleine Beutel und Schmuck, verfeinere Geschenke damit und natürlich sind es ebenso Wirkzeuge in Ritualen. Und der größte Schatz sind sowieso die Geschichten beim Zwirnen, die Erkenntnisse beim Tun. Die Zeitpunkte, wenn ich in die Welt hinter der Welt eintauche, weil das Zwirnen mich in Trance versetzt.


Der Mensch und das Seil … ein lange Geschichte, und eine archaischeTradition

Ich war kürzlich in Südtirol bei den Kreiskulturtagen. Und es kamen Menschen aus allen Himmelsrichtungen dieser Welt. Jeder dieser Menschen folgte einem Ruf. Eine Frau, es war Anja, sie folgte dem Ruf meiner Trommel, welche Jakob der Kulturpädagoge und Musiker gerade schlug am Feuer im Tipi. Sie kam von weit, weit her. Zu Fuß durchwanderte sie die Welt, suchte ein offenes Dach und kam zu uns. Legte ihre Geschichte an Feuer und blieb für zwei Tage um dann weiter zu wandern. Dann war da Nicola. Nicola aus Rom. Eine schöne Frau, weitgereist. Sie erzählte mir von ihrem Beruf. Sie war Ingenieurin. Sie war Brückenbauerin. Sie baute Brücken auf der ganzen Welt. Sie baute Brücken in Vietnam, in Afrika, in Übersee. Und so sprachen wir dann auch von Seilbrücken, Hängebrücken und vielem mehr. Seile sind ein zentrales technisches Mittel in der kulturellen Entwicklung der Menschheit. Seile prägen die Kultur, auch wenn ihre Schlüsselrolle kaum wahrgenommen wird. Was wäre der Mensch ohne Seil. Was gäbe ihm Halt? Das Seil ist ein fantastisches Hilfsmittel und seit Menschengedenken zieht sich die Menschheit am Seil empor. Schon die ersten Menschen dürften sich als Bindemittel für Kleidung, Behausung und die Jagd Gräser, Zweige, und Rankgewächse verwendet haben. Auch Därme, Haare und Hautstreifen wurden als Seilmaterial verwendet. Viele Höhlenzeichnungen belegen, dass Menschen sich bereits in der Steinzeit der Kraft und Dienlichkeit des Seiles bedienten.

Vom geflochtenen Netz und Beutel zur Jagd, bis zum mit Edelsteinen verzierten Schmuckstück finden sich viele dieser Werke in Museen und erinnern an diese archaischen Zeiten und ihr Handwerk. Das älteste gefundene Seil ist 30 Meter lang und stammt aus Oberägypten, wo es vor über 6000 Jahren aus Halfagras dreistrangig gefertigt worden war. Schon bald sollten auch mit Hilfe der Seile, der Hebelwirkung und mit der Übertragung von Zugkräften die Pyramiden entstehen. Nach wie vor ist man sich uneinig, wie denn diese Bauwerke, die Pyramiden erschaffen werden konnten. Alleine die Pyramide von Cheops umfasst 2 583 283 Kubikmeter und nimmt somit die größte Dimension unter den Pyramiden an. Nun, es folgte der Flaschenzug des Archimedes (287 bis 212 v. Chr.) Diese Technik verfeinerten die Römer weiter, und erbauten ihre Städte und Tempelanlagen. Und so wie das Seil half Kulturen aufzubauen, half es auch wieder beim zerstören und in Kriegen. Seile waren Hilfestellung auch bei Waffen. Die kleinste Waffe im Kampfe Davids gegen Goliath kenne wir wohl alle: Die Steinschleuder. Zum Gebrauch dieser einfachen Waffe nahm man die beiden Enden eines Seiles in die Hand, legte ein Geschoss in die Ausbuchtung in deren Mitte und schwang die Schleuder. Ließ man das Ende los, flog das Geschoss auf den Gegner zu.

Aber auch im Aufbruch zu neuen Ufern waren Seile und Schnüre behilflich und unerlässlich. Wie soll man ohne Leinen an einem Hafen anlegen? Wie die Segel hissen ohne Seil? Enorme Mengen an Seilen wurden auf den immer größer werdenden Schiffen der Menschheit gebraucht. Die Taue, meist aus Hanffaser, wurden zur Schutz vor Fäulnis geteert. Die Techniken wurden verfeinert. Alles verfeinert sich in dieser stofflichen Welt. Das ist das Ziel. Alles wird sich verfeinern, vergeistigen … aber davor muss man zuerst durch die Materie hindurch. Es entstanden durch die Schifffahrt auch die Knotenkünste. Die Seemannsknoten. Die Knotenkunst ist eine ganz eigene Kunst. Magisch sowie handwerklich. Knüpfe den Knoten und löse ihn wieder.


Und so wie auf dem Wasser, hat das Seil auch in den Bergen seine Wichtigkeit. Was wäre eine Seilschaft ohne Seil? Wie könnte der Mensch all die Berggipfel erklimmen ohne ein Seil? Noch im Mittelalter besaßen unsere Berggipfel kaum Namen. Die Menschen mieden die hochalpinen Regionen aus gutem Grund. Sie überließen die Berggipfel den Göttern und Fabelwesen. Minimalst wurden nur die Passwege und die Weidegründe fürs Vieh gekennzeichnet. Im Jahrhundert der Aufklärung änderte sich dies und die Naturwissenschaft trat ihren Siegeszug an. Die Menschen rückten auf die höheren Welten, die Berggipfel, vor. Spätestens die Erstbesteigung des Mont Blancs um 1786 – ohne Leiter und Seil – löste einen Wettlauf um die Eroberung der Berggipfel aus. Viele Gipfelstürmer bezahlten die Eroberung der Alpen mit ihrem Leben. So auch der Mann meiner Großtante. Helma war für mich ein großes Vorbild. Sie besuchte meine Großmutter regelmäßig und immer wenn sie da war, war ich aufgeregt und lauschte ihren Geschichten. Viele Fotos von ihr und ihrer Leidenschaft zum Berg zeigen sie mit Seilen.

„Mit 13 Jahren begann Helma Schimke mit dem Bergsteigen. Nach dem Abschluss der Höheren Technischen Lehranstalt in Salzburg studierte sie in Wien Architektur (u. a. bei Clemens Holzmeister). Ab den 1950er Jahren gelangen ihr mit ihren Kletterpartnern – u. a. Fritz Wintersteller, Hermann Buhl, Marcus Schmuck, Christl Haas, Rudolf Bardodej – zahlreiche schwere Bergtouren bis zum VI. Grad (bspw. Mont Blanc Brenvaflanke und Peutereygrat, Piz Badile Nordostwand, Großglockner Pallavicinirinne, Maukspitze Westwand, Fleischbank Südostverschneidung, Monte Rosa Ostwand). In den 1950er und 1960er Jahren zählte sie zu den weltweit besten Bergsteigerinnen. In den 1960er Jahren war sie mit der Schirennläuferin Christl Haas als Frauenseilschaft unterwegs.[2] Im Sommer 1961 wollte sie gemeinsam mit Rudolf Bardodej, ihrem Mann Konrad Schimke und dem Salzburger Arzt Georg Scharfetter eine Expedition zur Erstbesteigung des Diran (7270 m) in Pakistan unternehmen. Trotz ihrer beeindruckenden bergsteigerischen Leistungen spießte sich die Unterstützung der Expedition aus Sicht des Verwaltungsausschusses des ÖAV an der Teilnahme einer Frau: „Grundsätzliche, ernsteste Bedenken hat der VA … gegen die Teilnahme einer Mutter dreier unmündiger Kinder“. Die Expedition kam durch den Tod ihres Mannes nicht zustande.[2] Sie heiratete nach dem Zweiten Weltkrieg einen Studienkollegen. Nach der Geburt ihres Sohnes zerbrach die Beziehung und Schimke ließ sich scheiden. 1957 heiratete sie den Richter Konrad Schimke, der im Gegensatz zu ihrem ersten Mann die Liebe zu den Bergen teilte. Mit ihm bekam sie noch zwei weitere Kinder. Ihr Mann kam im März 1961 in einer Lawine in der Watzmann-Ostwand ums Leben. Mit 35 Jahren war die Mutter dreier Kinder nun Alleinerzieherin.[2] 2002 wurde Helma Schimke im Dokumentarfilm Über allem der Berg von Ulrike Gschwandtner und Annette Mäser porträtiert. Zuletzt arbeitete sie als freiberufliche Architektin in Salzburg.“ (Wikipedia)

Helma ging in die Anderswelt am 7. April 2018. Kurz zuvor traf ich sie noch beim Begräbnis meines Großvaters. In Ehren halte ich ihre Schmuckschatulle, welche sie mir als ich ein kleines Mädchen war, schenkte.

Die Erste am Seil "Schon als Kind habe ich von Seekirchen immer nach Süden geschaut und mich gefragt, wie die Welt wohl hinter dem Untersberg aussieht", erzählt sie und ergänzt: "Es war die Neugier, die mich auf die Berge gelockt hat". Dort fand sie Zeit zum Abschalten und konnte den Kopf frei bekommen. Die dreifache Mutter und Großmutter zählte in den Jahren von 1950 bis 1970 zu den besten Bergsteigern der Welt. Sie war eine Pionierin in einer sonst von Männern dominierten Sparte. "Damals gab es wenig alpines Verständnis, es ist ein Pluspunkt der heutigen Zeit, dass sich das geändert hat", weiß Schimke. Ihre Leidenschaft sei damals viel kritisiert worden. Schließlich blieb man als Frau mit Kindern zu Hause und kletterte nicht auf Berge. Auch ihr Ehemann Konrad Schimke habe die Berge geliebt. 1961 verlor er durch eine Lawine in der Watzmann-Ostwand sein Leben. Dank der Unterstützung ihrer Mutter hat es die Witwe geschafft Familie, Beruf und Leidenschaft miteinander zu vereinbaren. "Ich war einfach nicht zu bremsen. Zu meinem 20. Geburtstag war ich zum 100. Mal auf dem Untersberg und damals gab es noch keine Seilbahn", erinnert sich Schimke.

Rebellin ihrer Zeit

Auf den schwierigsten Kletterrouten vom Großglockner bis zum Montblanc war sie unterwegs. Ihr Tourenbuch weist einige "Frauen-Erstbesteigungen" auf. Auch in vielerlei anderer Hinsicht hat sie sich für damalige Verhältnisse "rebellisch" verhalten: "Ich habe schon als Kind immer lieber Baumhäuser gebaut als mit Puppen zu spielen". Ihr Vater habe damals gesagt: "Da kommt nur die HTL in Frage, sonst wird das nichts". Nach der HTL ist Schimke dann nach Wien gezogen, um dort Architektur zu studieren. "Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen. Eine Straßenbahn hat es noch gegeben, sonst war alles vom Krieg zerstört", erinnert sie sich. Von Heimweh geprägt waren die Jahre in der fremden Stadt. "Ich habe jede Gelegenheit genutzt, um nach Hause zu fahren. Meine längste Reise hat 17 Stunden gedauert".

Den Humor behalten

Nach dem Ende ihres Studiums hat Schimke begonnen selbstständig als Architektin zu arbeiten. Hier denkt sie eher konservativ und ist daher kein großer Freund der modernen "schachtelartigen" Bauweise. "Häuser könnten viel schwungvoller und lebensfroher gebaut und gestaltet werden. Man darf einfach den Humor nicht verlieren". Auch heute noch ist Schimke leidenschaftlich gerne draußen unterwegs. Dazu kehrt sie gerne an den Ort ihrer Kindertage zurück: "Solange ich gehen kann, gehe ich auf den Buchberg in Seekirchen".

(Bericht aus Mein Bezirk 28 Februar 2016)

Die erste am Seil - Helma




Manches starke Seil ist in Wirklichkeit nur ein dünner Faden.

Rinnhofer 1939



Es ist schon lange her,

dass mein Großvater die Adlerfeder trug;

Jetzt hängt sie in unserem Auto.

Einst hatten wir eine alte Brücke,

sie war älter als ich.

Ein weißer Indianer meinte,

sie sei unbrauchbar,

und so rissen sie die Brücke nieder.

Das war vor einem Jahr,

und die neue Brücke

ist immer noch nicht fertig.

Ich ging zum Zahnarzt,

aber seine Geräte waren kaputt,

und er schickte mich wieder fort.

Vor langer Zeit

Hat meine Großmutter

Meinem Großvater einen Zahn gezogen –

Mit einer Schnur!

Sie hätte Zahnarzt werden sollen,

sie bräuchte keine Maschinen.

Carlton Jamon, 15 Jahre – Schüler der Indianerschule in Pueblo Zuni. Ein „weißer Indianer“ ist ein Indianer, der in seinem Denken und Fühlen amerikanisiert ist.


Ohne Seile hätte kein Pflug für Nahrung gesorgt, wäre nie ein Fahrstuhl gefahren, hätte keine Montgolfiere die Vogelperspektive ermöglicht und wäre kein Strom über Hochspannungsleitungen geflossen. Und ohne Seil wäre kein Lied erklungen, weil keine Saite angestimmt werden könnte. Letztendlich hängen wir am Seil, am seidenen Faden, sind eingewoben in die Webwerke der Natur und der Gesellschaft. Ob wir Knoten lösen oder knüpfen bleibt uns überlassen. Jedoch ein Band zu knüpfen macht immer Freude.

Es ist auch schön im Kreis zu sitzen, ein Seil zu halten, an dem jede/r festhält. Spürbar fließt die Energie durch das Seil, verbindet alle miteinander.


Ich wünsche Euch eine gute Zeit - bis dann einmal... bin demnächst mal weg...

Noch packe ich...

Herzlichst Eure Monika... dem Rasch, dem Waldgras folgend...



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